Forderungskatalog des SWV zur Bewältigung der Coronakrise in der Wirtschaft
Der Sozialdemokratische Wirtschaftsverband fordert daher, dass
- Die bestehenden Hilfsmaßnahmen adaptiert und verbessert oder neue, zielgerichtete und treffsichere Instrumente geschaffen werden.
- Die Auszahlung des 80 prozentigen Umsatzersatzes schnell erfolgt und eine aliquote Regelung für indirekt vom Lockdown betroffenen Unternehmen, wie Zulieferer der Gastronomie oder Hotellerie, unverzüglich ausgearbeitet und präsentiert wird.
- Voller Verdienstentgang für alle Betriebe bis 25 MitarbeiterInnen geltend gemacht werden kann.
- Die Umsatzentschädigung von 80% als Dauersystem sowohl für bundesweite, als auch regional begrenzte Lockdowns während der Coronakrise gilt.
- Alle offene Anträge zu Härtefallfonds und Fixkostenzuschuss umgehend ausgezahlt und erst im Nachhinein abgerechnet werden
- Befristete Hilfsmaßnahmen wie Kurzarbeit, Härtefallfonds oder Fixkostenzuschuss solange verlängert werden, bis sich die wirtschaftliche Lage stabilisiert hat.
- Für alle Hilfsleistungen für Unternehmen, die auf der Basis von Vergleichswerten aus Vorjahren berechnet werden, das Vergleichsjahr 2019 bis zum Ende der Coronakrise beibehalten wird, wobei alternativ auch ein Jahresdurchschnitt 2019 als Vergleichszeitraum gewählt werden kann.
- SVS-Beiträge von Selbstständigen im Fixkostenzuschuss anrechenbar sind. Dies soll auch rückwirkend für den ersten Lockdown möglichst automatisiert, antragslos und unbürokratisch ermöglicht werden.
- Stundungen aller Steuerzahlungen und SVS-Beiträge bis März bzw. Juni 2021 bis zu 100.000 € antraglose und automatisch verlängert werden.
- Der Selbstbehalt für SVS-Versicherte endlich abgeschafft wird.
- Die Leistungen zwischen Selbstständigen und Bauern innerhalb der SVS harmonisiert und an das höhere Niveau angepasst werden.
- SVS-Versicherte Krankengeld ohne Wartefrist ab dem 4. Tag beziehen können. Außerdem soll die Bezugsdauer der Unterstützungsleistung, die UnternehmerInnen im Krankheitsfall erhalten, an die Bezugsdauer für die ASVG-Versicherten (52 Wochen) angepasst und die Wartefrist für eine neuerliche Unterstützungsleistung ebenfalls an die Frist der ASVG-Versicherten (13 Wochen) angeglichen werden.
- Die Home-Office-Regelung möglichst bald präsentiert wird.
- Die Arbeitsplätze von UnternehmerInnen im Wohnungsverband umfangreicher abgesetzt werden können.
- Die Reform des Insolvenzrechts vorangetrieben wird.
- Die Frage der finanziellen Entschädigung für in Quarantäne befindliche Angestellte geklärt wird.
- Neben der direkten Hilfe für Unternehmen, zur Ankurblung der regionalen Wirtschaft zusätzlich Gutscheinkonzepte nach Wiener Vorbild (Gastrogutschein, Reparaturgutschein) umgesetzt werden.
- Investitionen, die uns helfen „pandemiefit“ zu werden (beispielsweise Belüftungsanlagen, …), staatlich unterstützt werden. Etwa durch Ausweitung der erhöhten Investitionsprämie. Diese soll auch rückwirkend gewährt werden.
- Zusätzliche Finanzhilfen für Städte und Gemeinden bereitgestellt werden, um diese in die Lage zu versetzen, ihrer Aufgabe als größter heimischer Investor nachzukommen und damit die lokale Wirtschaft anzukurbeln.
- Mit einer Beteiligungsgesellschaft nach dem Vorbild der ‚Stolz auf Wien‘-Beteiligungs GmbH von der Coronakrise stark getroffene Unternehmen mit hoher Relevanz für den Standort Österreich mit Hilfe einer befristeten Beteiligung Eigenkapital zur Verfügung gestellt wird.
- Ein Unterstützungsprogramm für Unternehmen, die vollwertige Arbeitsplätze auch in der momentanen Situation schaffen, ausgearbeitet wird.
- Die Pflicht bei der Beantragung des Fixkostenzuschusses einen Steuerberater beizuziehen erst ab einer bestimmten Summe notwendig ist.
- Der beschlossene Schutzschirm für Veranstalter soll nach Rechtsgültigkeit rückwirkend ab 1. November 2020 ausbezahlt werden.
- Es eine authentische Interpretation des ABGB durch Nationalrat gibt, dass während des Lockdowns Miete/Pacht für die Betriebsräumlichkeiten entfallen.
- UnternehmerInnen, für die das Corona-Virus aufgrund von Vorerkrankungen oder anderer Umstände eine besondere Gefahr darstellt, als Risikopersonen in die Risikogruppen-Verordnung aufgenommen werden. In der Folge sollen diese vom Dachverband der Sozialversicherungsträger informiert werden. Weiters sind sie für ihren Verdienstentgang zu entschädigen. Diese Vergütung soll im Rahmen eines Grundeinkommens von mindestens 1.500 Euro/Monat ausbezahlt werden.
- Es so rasch wie möglich auf Landes- und Bundesebene zur Wiedereinführung eines Handwerkerbonus kommt. Gefördert werden sollen Leistungen des Bau- und Baunebengewerbes wie z.B. die Erneuerung von Dächern, Spenglerarbeiten, die Erneuerung von Fassaden sowie Maßnahmen zur Schaffung von Barrierefreiheit.
- Die Meldung der Arbeitsunfähigkeit für Selbstständige vereinfacht und der Regelung für ArbeitnehmerInnen angeglichen wird. Der Krankenstand soll dann enden, wenn eine Gesundschreibung durch den Hausarzt oder den Kontrollarzt erfolgt. Nach der Arbeitsunfähigkeitsmeldung durch den Arzt sollen die UnternehmerInnen bis zur ärztlichen Bestätigung der Arbeitsfähigkeit keine weitere Bestätigung der Arbeitsunfähigkeit erbringen müssen.
Die Coronakrise hat Österreich mit voller Wucht getroffen. Die Wirtschaft ist bereits schwer geschädigt und die steigenden Zahlen der Infizierten und der zweite Lockdown lösen Verunsicherung aus. Diese Unsicherheit wird vom Vorgehen der Bundesregierung leider noch verstärkt – unzählige inhaltsleere Pressekonferenzen, Verordnungen, die im Nachhinein von Juristen als nicht verfassungskonform eingestuft werden oder viel zu spät kommen und Hilfsmaßnahmen die nicht greifen. Und das alles, obwohl wir in Österreich ein Regelwerk gehabt hätten, das das Vorgehen in Zeiten von Epidemien auf gesetzlicher Basis regelt. Die Rede ist vom Epidemiegesetz, welches 1950 überarbeitet wurde. Dieses Gesetz enthält auch einen Paragraphen, in dem die Entschädigung von Betrieben im Falle von Betriebsschließungen oder Absonderungen geregelt sind. Dieser Paragraph wurde jedoch von den Regierungsparteien im Parlament kurz vor dem ersten Lockdown außer Kraft gesetzt.
Aus wirtschaftlicher Sicht war dies der Kardinalfehler der Bundesregierung. Anstelle eines Rechtsanspruchs auf Entschädigung, traten Bürokratie, Betteln um Almosen und Unsicherheit. Die Folgen haben wir mit den rasant gestiegenen Arbeitslosenzahlen präsentiert bekommen.
Die geschaffenen Entschädigungsmaßnahmen für Unternehmen halten bei Weitem nicht, was versprochen wurde. Besonders schockierend ist, dass sie zu einem Großteil noch immer nicht bei den Unternehmerinnen und Unternehmern angekommen sind. Mit Stand 30. Oktober wurden laut Finanzministerium von den zwei Mrd., die für den Härtefallfonds reserviert wurden erst 675 Mio. Euro ausbezahlt, also ungefähr ein Drittel. Für den Fixkostenzuschuss wurden in der ersten Phase bis zu acht Mrd. Euro reserviert - ausgezahlt wurden bisher jedoch nur 258 Mio. Euro. Das sind etwas mehr als drei Prozent. Bei dem neuen Entschädigungsinstrument des Umsatzersatzes, welches von im Zuge des Lockdowns geschlossenen Betrieben in Anspruch genommen werden kann, soll die Auszahlung nun schnell und unbürokratisch erfolgen. Dies wäre nicht nur wünschenswert, sondern für die betroffenen Unternehmen überlebenswichtig!
Die Unsicherheit hat jedoch leider nicht nur in der Wirtschaft, sondern auch in Bereichen des privaten Lebens Oberhand gewonnen. So wurde im ersten Lockdown quasi über Nacht auf Home-Schooling umgestellt. Die Eltern, die meist auch ihrer beruflichen Tätigkeit weiterhin nachgehen mussten, wurden mit der neuen Situation alleine gelassen. Es gab zwar die Möglichkeit die Kinder trotzdem in den Schulen betreuen zu lassen, diese wurde aber als „Möglichkeit im äußersten Notfall“ kommuniziert. Die Unsicherheit und Verwirrung im Bereich der Kinderbetreuung hat sich auch auf die Wirtschaft ausgewirkt. Arbeitssuchende konnten keine neuen Stellen annehmen, da sie ihre Kinder nicht alleine lassen konnten. Damit konnten einige Betriebe keine Angestellten finden und verloren Aufträge – und all das in einer Situation, in der die Konjunkturprognosen ein historisches Tief erreichen.
Die Fehler der Vergangenheit müssen aufgearbeitet und korrigiert werden! Die Bundesregierung darf sich hier nicht ihrer politischen Verantwortung entziehen. Jetzt gilt es rasch zu handeln, um die wirtschaftlichen und sozialen Folgen dieser Krise wenigstens teilweise abfedern zu können. Es braucht zielsichere, unbürokratische und schnell wirksame Maßnahmen!
Einige dieser Maßnahmen wurden bereits angekündigt, lassen jedoch noch auf sich warten. Ein Beispiel ist für März 2021 angekündigte Home-Office-Regelung. Auch eine Reform des Insolvenzrechts scheint in Anbetracht der vielen Unternehmen, die unverschuldet in die Krise geschlittert sind, unerlässlich. Die immer häufiger werdende Quarantäne von MitarbeiterInnen oder im Extremfall ganzer Orte wirft weitere Frage auf, die bisher nicht ausreichend beantwortet wurden. Was passiert zum Beispiel, wenn ganze Orte abgeschottet werden? Werden die Gehälter der Angestellten trotzdem refundiert? Und was passiert, wenn diese Quarantäne einen Lieferverzug und daraus resultierende Strafzahlungen zur Folge hat? Wer muss für diese Kosten aufkommen? Auch befristete Hilfsmaßnahmen verursachen Unsicherheit und Ängste. Es ist klar, dass die Wirtschaft noch lange unter den Folgen dieser Krise leiden wird. Nicht klar ist leider, ob die Hilfsinstrumente bis zu einem Zeitpunkt, zu dem man wieder von einer stabilen Wirtschaft sprechen kann, zur Verfügung stehen werden. In all diesen Bereichen braucht es Rechtssicherheit. Weitere Ankündigungen von Seiten der Bundesregierung sind nicht genug!
Außerdem rückt durch die Corona-Pandemie wieder eine Thematik in den Vordergrund, die schon lange Zeit nach Anpassungen verlangt. Gerade in Anbetracht dieser Pandemie, die uns zeigt, wie wichtig Gesundheit für das Individuum, aber auch für die gesamte Wirtschaft und Gesellschaft ist, scheint es vollkommen unverständlich, dass SVS-Versicherte gegenüber ÖGK-Versicherten immer noch benachteiligt werden. Viele Selbstständige gehen erst im Notfall zum Arzt, da ihnen immer noch eine Krankensteuer in Form eines 20-prozentigen Selbstbehalts auferlegt wird. Und das, obwohl sie die gleichen Krankenversicherungsbeiträge wie ÖGK-Versicherte bezahlen. Das ist eine Ungleichbehandlung, die gefährliche Folgen haben könnte. Gerade jetzt in der Coronakrise wird offensichtlich, dass Selbstständige nicht über die gleichen Absicherungsnetze wie ArbeitnehmerInnen verfügen und daher oft stärker von der Krise betroffen sind. Deshalb wäre dies ein idealer Zeitpunkt, um Selbstbehalte abzuschaffen und weitere Verbesserungen für SVS-Versicherte zu erzielen.
Der SWV hat zu all den oben angeschnittenen Punkten einen umfassenden Forderungskatalog erarbeitet. Die geforderten Maßnahmen zeigen einen möglichen Weg aus der Krise auf.